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Ein Stück Himmel in der Mittagspause

Das war wunderschön.“ – „Ich hätte dir noch ewig zuhören können.“

So lautete das Echo auf die erste Sitzung meiner Kreativen Mittagspause in Zusammenarbeit mit der KEB Nürnberg.

Eine Stunde – mitten im Alltag. Ein weißes Blatt, ein Glas Wasser, drei Farben. Die Einladung: nichts leisten, nichts perfektionieren. Schon das löst Irritation aus. Viele Erwachsene stoßen sofort an die alte Schamgrenze – „Ich kann nicht malen, das wird doch nichts.“ Genau dort beginnt das Experiment.

Hier geht es um mehr als Aquarelltechnik. Farbe und Wasser machen, was sie wollen. Man schaut zu, greift ein, lässt wieder los. Ein Gespräch entsteht – mit dem Blatt, mit sich selbst. Neurobiologisch bedeutet das: der Körper schaltet vom Alarmmodus in den Ruhemodus, das Nervensystem atmet durch. Manche spüren es als tiefen Seufzer, fast so, als würde etwas in ihnen sagen: „Jetzt darf ich loslassen.“

Dazu kommt der geistige Rahmen. Ein Satz von Teresa von Ávila begleitete uns: Nada te turbe – nichts soll dich ängstigen, nichts dich erschrecken. Kein frommer Trost, sondern eine Kampfansage gegen die Angst. Wir haben diesen Satz nicht nur gehört, wir haben ihn ins Bild geschrieben, eingerahmt, umspielt. Worte, Linien, Farben – ein Versuch, Hoffnung Gestalt werden zu lassen.

Der Ton bleibt ernst, doch er ist nicht schwer. Humor darf hereinblitzen, ohne flach zu wirken. Lachen und Ernst sind Geschwister – beide können die Angst entwaffnen.

Mich selbst hat berührt, wie offen die Teilnehmenden sich darauf eingelassen haben. Wie sie dem inneren Griesgram nicht das letzte Wort ließen.

Die nächsten Termine stehen bevor. Jede Einheit hat ihr eigenes Thema, ein anderes Zitat, einen neuen Zugang. Wer einsteigen möchte, ist willkommen. Man braucht keine Vorkenntnisse. Nur die Bereitschaft, sich auf das Wagnis einzulassen: Farbe fließen lassen, Worte finden, Hoffnung üben.

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Feuer, Schatten, Mitmenschliches

Eigentlich wollte ich an meiner Serie Der Blick fürs Wiesentliche arbeiten. Die große Leinwand blieb jedoch leer. Mir fehlten Disziplin und Fokus, weil ich mich zwischen den Extremen aufreibe. Die Weltstimmung macht mir Angst, ich fürchte, das Staunen zu verlernen. Also habe ich den Spieltrieb mit Tuschen, Tinten, Federkielen gereizt – und mich mit der Schwungfeder eines Falken in Rage gekritzelt.

Es ist kein Bild. Es ist der Versuch, das Freuen nicht zu verlieren.

Was mich umtreibt: Kultur wird zusammengestrichen. Rüstung wird finanziert. Milliarden fließen in Zerstörung. Und alle behaupten, sie wollen Frieden.

Wir reden nicht mehr miteinander, sondern nur noch über die anderen. Jeder bleibt im Rechthabemodus. Jeder glaubt, das Böse im anderen erkannt zu haben. Stimmen, die einander nicht mehr erreichen. Jeder redet lauter, aber keiner hört. In den Feuilletons wie in den Kommentarspalten erst recht in den Social Media Anklagen, Verdächtigungen, Häme. Freundschaften zerbrechen an Schlagworten. Familiengespräche enden im Verstummen. Der andere wird nicht mehr gefragt, sondern verurteilt. Wir sehen den Dorn im Auge des Nächsten und merken nicht, dass der Balken im eigenen Auge längst Wurzeln bis ins Hirn geschlagen hat.

Welche Haltung habe ich?

Was kann meine Kleckserei ausrichten?

Komme ich mir selbst auf die Schliche?

Mitmenschlichkeit – das Wort klingt weich. Aber es ist das Schwerste. Den anderen nicht auf seine Parolen zu reduzieren. Nicht aufzugeben, auch wenn das Schwarz sich ausbreitet. Jeder Strich ein Widerstand. Jede Farbe, die sich noch einmal durchsetzt, ein kleiner Beweis, dass Härte nicht das letzte Wort haben muss.

Ein Rest von Licht bleibt sichtbar. Wasser bricht auf. Ein Grün behauptet sich. Martin Luther King hat gesagt: „Dunkelheit kann Dunkelheit nicht vertreiben; das kann nur das Licht. Hass kann Hass nicht vertreiben; das kann nur die Liebe.“

Glut, Riss, Wunde – und trotz allem ein Leuchten.

Kein Trost. Eine Aufgabe.

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Ein Vorschlag, der zu gut ist um ihn abzulehnen

eine unfreiwillige Collage aus Birkensamen auf Ölfarbe wird zum Herzensprojekt

Dunkelgrün und indigo glänzt der noch klebrige erste Farbauftrag. Das Bild auf der Staffelei im Innenhof winkt mich zu sich und drüber winken abertausende Birkenblätter vor dem septemberblitzblauweißen Himmel. In der vom kräftigen Vormittagslicht satten Luft wirbelt Glitzer. Und bei näherem Betrachten klebt das Geflimmmer auf der frischen Farbe. Ein Desaster! Oder? Birkensamen sind für Sauberkeitsliebende Schmutz, verstopfen Dachrinnen, bedecken Pflastersteine und Haustreppen, legen sich überall an und ab, wo man sie nicht haben will! Herr Darwin, was soll diese Verschwendung?!

Aber schau doch, flüstert Mama Birke mir ins Ohr, zwinkert mit einem Sonnenstrahl im Geäst, schau wie hübsch meine Kinderchen auf Deinem Bild sind! Blattgoldvögelchen und Schmetterlinge, jetzt sehe ich sie auch!

Die Birke steht mir oft Modell und hat mir schon viele gute Tipps gegeben. Heute hat sie verdientermaßen die Co-Autorenschaft erbirkt.

Das Bild mit Zitronenfalter und Flockenblume ist Teil der Serie „Der Blick für‘s Wiesentliche“. Mehr und genauere Einblicke in den Schaffensprozess gewähre ich im Newsletter.

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Die Geschöpfe vom sechsten Tag

Alles wird gut ist keine Garantie für ewige Harmonie. Löwe und Rind als Symbol für die Widersprüchlichkeit des Daseins.

“Löwe und Rind” Ausschnitt aus dem gleichnamigen Bild. Copyright by Ulrike Polifke

Genesis, alles wird gut: Meine Bilderserie zur Schöpfung entsteht rückwärts. Bevor die Tage für die großen Bilder, die ich am liebsten im Hof unter freiem Himmel male, zu kurz werden, ist nun die Erschaffung der Tiere fertig geworden.

Die Wassertropfen des Urmeers rinnen an den beiden frischerschaffenen Geschöpfen herab - sie kommen aus derselben einen Quelle und sollen sich zum lebendig Werden entzweien. So ist es der Wunsch der Schöpferkraft.

Ein Löwe und ein Rind treten einander gegenüber. Glut leuchtet hinter ihnen. Ihre Köpfe triefen einträchtig vom Wasser, aus dem sie geschöpft wurden. Die beiden Tiere verkörpern den ganzen Urkonflikt der Schöpfung, der schon vor der Menschwerdung und der Vertreibung aus dem Paradies Wirklichkeit war. Und Gott sah dass es gut war! Von Harmonie war nicht die Rede. In der Polarität von Jäger und Beute, Feuer und Wasser, Angriff und Verteidigung zeigt sich das Leben in seiner tiefsten Wahrheit. Nur was diesen Widerspruch in sich trägt, ist lebendig. (Sehr frei formuliert nach Hegel “Wissenschaft der Logik”, 2. Buch, 1813)

Ausführlichere Einblicke in den bisherigen Schaffensprozess der Serie “Genesis -alles wird gut” werde ich im nächsten Newsletter gewähren. Bereits fertig gestellt aber noch nicht öffentlich zugänglich sind die Bilder zu Adam und Eva, Das verlorene Paradies und die Erschaffung des Menschen. Das Newsletterabonnement berechtigt zur unverbindlichen Vorreservierung einzelner Bilder. Wer in der Nähe von Bamberg oder Mühlhausen ist, kann gerne auch einen Besichtigungstermin in meinem Atelier vereinbaren. In der Galerie Spielraum zeige ich die ersten Bilder aus der Serie voraussichtlich ab Mitte Oktober. Eine Ausstellung mit der abgeschlossenen Serie ist für April 2026 in Mühlhausen geplant.

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  • *27.8.1770 in Stuttgart

    +14.11.1831 in Berlin

    War der bedeutendste Vertreter des deutschen Idealismus. Sein Denken kreist um die Idee, dass Wirklichkeit und Vernunft zusammengehören.

  • Hegels fundamentales Werk zur Philosophie des Denkens. Erschienen in drei Bänden von 1812-1816. Zentrale Aussage daraus, sehr knapp zusammengefasst: Das Denken selbst als schöpferische Bewegung.

  • Hegels Methode: Widersprüche nicht vermeiden sondern produktiv durchdenken

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Netzfund

ein Blick ins Kornfeld: Kornblumen, Getreide, Mohn und wilde Möhre, ein Schmetterling.

Spinn ich? Oder träum ich?

Kürzer werden die Tage und länger die Schatten - das ist bestimmt nicht von mir. Weil mir diese Form der Sentimentalität erstens zuwider und zweitens doch nicht ganz fremd ist. Mindestens zwei Seelen ach, wohnen da also.

Gefangen im eigenen Gedankennetz, lass ich das Hirn in Ruhe und traue inzwischen meinen Augen: Sie blinzeln mit der Sonne größenwahnsinnig um die Wette und finden in der Froschperspektive Grund genug zur Selbstüberschätzung. Nur für einen Moment, bis ich merke, dass ich nicht alleine bin: Käferverkehr, Schnirkelschneckengymnastik und vieldimensionale Blätter—Stängel- Ranken-Raumkunstwerke machen mich andächtig. Als Teil des Großen Ganzen fühle ich mich geborgen im Netzgeflecht und Jahreskreis. Unterirdisch zieht das Myzel seine Strippen, überirdisch flirrt das Licht. Und wenn ich noch weiter rauszoome, sehe ich dieselbe Ordnung am Himmel: Sterne wie Tautropfen, aufgehängt im Nichts. Der Wind spielt mit meinen Haaren und den Halmen ringsum.

Die Serie “Der Blick für’s Wiesentliche” startet mit einem vierteiligen Bild “Ein Blick ins Kornfeld”, daraus sieht man hier die Wilde Möhre, Kornblumen und Mohn. Alle vier Bildelemente bekommt man exklusiv vor der Weltöffentlichkeit im Newsletterabo zu sehen..

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Federn lassen

Der Evangelist hat einen Vogel

Ein Zwischenruf über Störung, Wandlung und die sanfte Macht der Gelassenheit

Zuerst war sie bloß da. Hüpfte von einem zum nächsten steinernen Evangelisten.

Ein Federwesen auf Stirnhöhe. Unerbeten.

Ein Rest von Stadtgeräusch im steinernen Ernst.

Die Taube störte. Natürlich störte sie.

Wer ein Evangelium hütet, will kein Gurren, kein Geruckel.

Markus blickt nach innen – sie putzt sich. Unbeirrt.

Federt das Weltliche auf seine Würde.

Doch dann geschieht, was selten ist:

Die Störung bleibt. Und verändert nichts –

außer der Haltung.

Die Skulptur wirkt plötzlich gelassener.

Der Blick bleibt derselbe und doch sanfter.

Als würde Markus sagen: „Ach so, ich wollte ja eine frohe Botschaft schreiben!“

In meinem Bild wird sie also selbst zum Denkmal.

Sie sitzt, als wäre sie schon immer dort gewesen.

Ein Engel mit grauem Halsband.

Zuständig fürs Profane.

Gute Idee: weniger Ablenkung, mehr Einverständnis.

Mit dem Leben, wie es anfliegt.

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Julikinder

Ein Blogbeitrag über meine Arbeit als Malerin im Juli – begleitet von Hermann Hesses Gedicht Julikinder, Sommervergnügen, Wetterstimmungen und dem, was mich in dieser Zeit künstlerisch bewegt.

Wir Kinder im Juli geboren
lieben den Duft des weißen Jasmin,
wir wandern an blühenden Gärten hin
still und in schwere Träume verloren.
— Hermann Hesse aus dem Gedicht "Julikinder", entstanden im Mai 1904, veröffentlicht in "Unterwegs" 1911

Im Juli verliert die Zeit ihr Taktgefühl. Sie dehnt sich aus, wird weich, verliert die Ränder. Die Welt im Juli steht sperrangelweit offen. Satte Tage, unverschämt senkrechtes Licht, pralle Farben, die Schatten sind klein und scharf abgegrenzt. Es sei denn man taucht in ein blaugrünes Pappelwäldchen ein und lässt sich von spärlich bewegter Luft die Blätter wie ferne Meereswogen in den Ohren rauschen. Wer noch mehr Glück hat, kann von Libellen umschwärmt ins kühle Grüngold der Regnitz gleiten und sich im Bamberger Hainbad flussabwärts treiben lassen, am Steg entlang und an den dunklen Erlen. Mit dem Strom schwimmen dürfen ohne sich selbst zu verraten - das ist auch Juli.

Gegen Abend legt sich der Himmel eine lavendelblaue Robe mit neapelgelbem Saum um, Zinnober und Krapplack lassen dieser Tage länger auf sich warten, währen das Feierabendeis (Zitrone oder Maracuja, Pistazie muss bis nach dem Azorenhoch warten) schneller schmilzt als ich es genießen kann.
Natürlich male ich! Ständig. Nicht immer, weil ich will. Oft, weil es sich nicht vermeiden lässt. Und dann wachsen aus dem tiefen Westen Wolkenberge empor, erstes Grollen. Die Nächte sind kein Versprechen auf Ruhe, sie tragen den Widerspruch der grellen Tage weiter. Gedanken halten sich nicht an Arbeitszeiten.
Die Hitze nimmt mir das Streben – und gibt mir etwas anderes. Etwas gleich Gültiges (nicht gleichgültig!).
Der Anspruch geht baden.
Und ausgerechnet dann gelingen mir die besten Pinselstriche und Farbgemische.

Der Blick zurück zeigt ein Stück vom Himmel. Ein Julitag in der Kindheitsheimat. Acryl auf Leinwand, 70×60cm April 2024

Wir Julikinder tragen einen Widerspruch in uns.
Wachstum und Müdigkeit. Sehnsucht und Genug. Für meine Arbeit ist das geniales Arbeitsmaterial. Und ich feiere Hermann Hesses Geburtstag, lese über Wolken und scharlachnen Mohn, traumbeladen und voller inspirierender Widersprüche.


  • Hermann Hesse deutscher Schriftsteller, Dichter, Maler und Julikind: Geboren am 2. Juli 1877 in Calw (Schwarzwald), prägte er mit Werken wie Demian, Siddhartha, Der Steppenwolf und Das Glasperlenspiel die Literatur des 20. Jahrhunderts.

    Hesses Texte kreisen um Themen wie Selbstfindung, Natur, Spiritualität und das Spannungsverhältnis zwischen Individuum und Gesellschaft. Für sein Werk erhielt er 1946 den Nobelpreis für Literatur.

    Er starb am 9. August 1962 im Tessin, wo er die zweite Hälfte seines Lebens verbrachte – zurückgezogen, schreibend, gärtnernd.cription text goes here

  • Wir Kinder im Juli geboren
    lieben den Duft des weißen Jasmin,
    wir wandern an blühenden Gärten hin
    still und in schwere Träume verloren.

    Unser Bruder ist der scharlachene Mohn,
    der brennt in flackernden roten Schauern
    im Ährenfeld und auf den heißen Mauern,
    dann treibt seine Blätter der Wind davon.

    Wie eine Julinacht will unser Leben
    traumbeladen seinen Reigen vollenden,
    träumen und heißen Erntefesten ergeben,
    Kränze von Ähren und rotem Mohn in den Händen.

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Frankreich mit Leib und Seele

Eine Rückkehr

Die Reise war lang ersehnt. Eine Rückkehr, kein gewöhnlicher Urlaub. Urlaub brauche ich ja gar keinen. Meine Arbeit pulst in einem Rhythmus, der mich stetig stärkt und nährt und keine Fluchten erzwingt. Und doch: Frankreich hat mir gefehlt. Nach sechs langen, ereignisreichen (sowohl privat als auch gesellschaftlich) Jahren habe ich es neu für mich entdeckt.

Allein schon die Sprache wie ein zärtlich plätschernder Fluss! Ich tauche ein, verliere mich in Klang und Rhythmus, finde mich wieder im Schatten einer Platane. Male. Atme. Werde weit und eins mit allem, was mir begegnet.

Von Ort zu Ort begleiten mich das Skizzenbuch und die Farben. Die grünen Vulkane der Auvergne in dieser Jahreszeit mit unfassbar reicher Wildblumenpracht geschmückt, romanische Dorfkirchen, eine unverhoffte Begegnung mit Marc Chagall, alte Steine, Pinien und Zeder duften bei der Weiterfahrt aus dem Süden entgegen, der Ginster leuchtet in der Kargheit des mediterranen Hinterlandes mal aus knochenhellem mal aus kupferrotem Gestein, Mittsommerlicht und die Gaumenfreuden allenthalben! Geschichten aus alten Zeiten kauern in schmalen Gässchen und werden stolz von gotischen Fassaden erzählt. Jeanne d‘Arc in jedem Dorf.

So viel zu sehen. Noch mehr zu empfinden.

Was ich male, bestimme nicht ich, es strömt durch mich hindurch - nicht ich male, ich versuche vielmehr dem Malen mit meiner Person so wenig wie möglich im Weg zu stehen und lasse es fließen.

Rodez war ein Fixpunkt auf dieser Reise, der offizielle Höhepunkt:  meine Rathausbrücke in Öl gemalt, überbracht mit Herz und Hoffnung.

Begegnungen mit Menschen, die zuhören, sich öffnen, gemeinsam weiterdenken.

Die Städtepartnerschaft lebt. Sie besteht aus einer einzigen einfachen Zutat: Freundschaft zwischen Menschen.

Gerade in einer Zeit, in der Worte sich verhärten und Grenzen wieder wie alte Narben hervortreten, wird mir bewusst, wie sehr ich an das Verbindende glaube.

An Verständigung und Brücken müssen wir immer arbeiten, auch wenn der Bau unmöglich scheint. Dafür ist die Bamberger Rathausbrücke mein liebstes Symbol. Die Freundschaft zwischen Völkern, die mehr ist als Geschichte – nämlich Gegenwart und Zukunft.

Und darüber hinaus?

Die Gewissheit, dass Kunst ein Weg sein kann. Dass Poesie und Farbe verbinden, wo Sprache allein nicht reicht. Dass Musik, Begegnung, ein Blick – mehr bewirken können als jeder Plan.

Jetzt, zurück in Bamberg, wirken Farben und Worte nach. Noch immer das Echo französischer Stimmen im Ohr. Noch immer die Bewegung der Landschaft in der Hand.

Frankreich ist Teil meiner Herzensheimat: Wie sehr mein Inneres aufblüht in dieser Topografie aus Licht, Sprachspiel und Vielfalt. Und wie sehr ich davon erzählen möchte. Nicht nur mit Worten. Vor allem mit Bildern.

La France – de tout cœur, de tout corps

Après six ans, je suis retournée en France – non pas comme touriste, mais comme artiste, comme amie.

Carnet de croquis en main, j’ai traversé l’Auvergne, le Midi, les paysages, la langue, les saveurs.

À Rodez, mon tableau de la Rathausbrücke de Bamberg est offert au maire – symbole de lien et d’amitié entre nos villes.

Mais au fond, c’est la France elle-même qui m’a été rendue. Ce que je ramène chez moi va au-delà des mots.

La France fait partie de ma vie.

Et je continuerai d’en parler – surtout en images.

A très bientôt!

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Eine Richtigstellung

Ein persönlicher Blogbeitrag über die Königin der Blumen: humorvoll, duftverliebt und mit einem Seitenblick auf Lady Emma Hamilton, Constanze Mozart und andere Rosenschönheiten. Zwischen Rankhilfen, Mohnvergleichen und Moschusnoten – ein Gartenstück voller Blüten und Begeisterung.

Also gut, ich gestehe: ein bisschen habe ich sie verspottet im letzten Blogeintrag.

Die Rose.

Rankhilfendiva mit Duftallüren. Zartbesaitet, wetterlaunig, ein bisschen eitel vielleicht. Dabei kann ich mir ein Leben ohne Rosen überhaupt nicht vorstellen!

Völlig unbeeindruckt von meinem Mohnlobgesang blüht sie in unzähligen Farben und Wuchsformen und gibt dem Garten die Dimension mehr, wie sonst keine Blume.

In Demut und Dankbarkeit nähere ich mich und tunke die Nase in pfirsichduftendes Zartorange, in betörend pudrige Moschusnoten, in lieblich süße magenta und schneeweiße Centifolien. Lady Emma Hamilton, William Shakespeare, Constanze Mozart, Ghislaine de Féligonde, Reine Victoire um nur einige der Berühmtheiten zu nennen, die sich im Juni in unserem Garten die Ehre geben. Sie tragen Namen wie aus Opernprogrammen oder Romanen und benehmen sich auch so. Manche duften wie ein ganzes Boudoir, andere tun, als wären sie wild geboren – obwohl man genau weiß, dass da ein Züchter mit weißen Handschuhen im Spiel war. Sie werfen Blütenblätter wie Spitzenwäsche übers Beet, verblühen in Schönheit, tun so, als ginge sie das alles nichts an und wollen doch beachtet werden.

Und ich? Tue ihnen natürlich den Gefallen, nenne sie bei ihren illustren Namen, versenke mich täglich gierig in ihre Schönheit und bin rettungslos in sie verknallt.

Noch mehr inspirierende Gedanken und Bilder entdecken.

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Roter Mohn

Eine Zumutung, wie er da in seiner aufdringlichen Zartheit lodert. Unverschämt schön. Unmöglich ihn zu übersehen. Die Abendsonne selbst habe ihre Röte von ihm abgeschaut, behauptet er. Es ist ihm alles zuzutrauen. Während die durch Zucht geadelten Rosen melodramatisch in ihrer Morbidität miteinander wetteifern und um Rankhilfen betteln um dann doch nach dem Gewitterregen die Köpfe hängen zu lassen, klatscht er in die scharlachnen Blütenblätter und feiert den Mohnment.

Majestät Mohn im edelknitternden Umhang wiegt sich windselig in seinem Sommerfreudentaumel bei jedem Wetter. Man kann ihn sogar hören: Er pfeift mit vollen roten Lippen aufs Welken. Die einzige Blume, die nicht verblüht und doch fruchtet. Oder hat Dir der Wind je ein Mohnblütenblatt vor die Füße geweht? Ohne viel Tamtam schwillt die Samenkapsel an, die Blätter verglühen unbemerkt mit dem Abendrot. Der Mohn ist keine Blume, er ist ein Ja zur Vergänglichkeit.

mehr poetische Augenfreuden
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Aus der Zeit gefallen - warum ich Tempera liebe

Warum ich Tempera liebe: Zwischen Öl und Aquarell entsteht ein Dialog mit Farbe, Ursprung und Geist. Ein Blogbeitrag aus dem Atelier.

Wenn ich Sehnsucht nach dem Ursprünglichen habe, greife ich gerne zu Tempera. Das passiert mir während der intensiven Arbeit an „Genesis“ immer öfter. Es ist ein Gefühl zwischen Harmoniesucht und Heimweh. Die Opulenz meiner Ölbilder ist mir dann zu anstrengend und das Aquarell zu unberechenbar und zart. Tempera ist genau die richtige Mischung zwischen beiden und doch eine ganz eigene Welt.

Es gibt Tage, da rühre bzw. reibe ich sie selbst an – aus Pigmenten, Wasser, einem frischen Eigelb oder Quark und vielleicht einem Hauch Leinöl. Langsam, konzentriert, ein echtes Ritual. Wenn sich die trockene Farbe mit dem Bindemittel verbindet, wenn die Mischung seidig wird, schwerelos und voller Versprechen. Tempera ist für mich mehr als Technik – sie ist eine Art, mit Farbe in Beziehung zu treten. Eine alte Sprache zwischen Bild und Berührung.

Meist nehme ich ganz pragmatisch die fertige Eitempera aus der Tube – meine Lieblingsmischung von Sennelier, zuverlässig, leuchtstark, sofort bereit. Auch das hat seine Schönheit. Denn nicht immer braucht es das große Zeremoniell. Oft drängeln meine Ideen sehr ungeduldig auf den Malgrund.

Auf Leinwandresten oder grundierten Holzstücken, Karton oder was sonst gerade im Atelier rumliegt, meditiere ich malend über meine Themen, verwerfe vieles und entdecke Ungeahntes.

Ein Hauch Lavendel

Manchmal füge ich meiner selbst angerührten Tempera ein paar Tropfen Lavendelöl hinzu. Nicht viel – nur gerade so, dass die Farbe sanft duftet. Maltechnisch bewirkt es etwas mehr Weichheit im Auftrag, aromatherapeutisch ist der Effekt deutlich: der Atem vertieft sich automatisch, ich arbeite konzentrierter, Atemzug, Pinselstrich, Atemzug.

Alte Technik, neue Resonanz

Historisch betrachtet ist Tempera eine der ältesten Maltechniken der Welt. Lange vor der Erfindung der Ölfarbe prägte sie die großen Tafelbilder des Mittelalters, leuchtete auf Ikonen und in byzantinischen Fresken. Das Wort stammt vom Lateinischen temperare, was so viel bedeutet wie „mischen“, „ausbalancieren“. Und genau das tut diese Technik: Sie verbindet Wasserlöslichkeit mit Deckkraft, Raschheit mit Tiefe, Zartheit mit Standhaftigkeit.

Ihre Leuchtkraft kommt nicht vom Ölglanz, sondern von innen. Sie trocknet schnell, bleibt dennoch übermalbar, verlangt Mitdenken – und schenkt dabei eine angenehme Erdung durch ihre unverwechselbare Haptik: samtig, matt, pudrig und dabei nie stumpf.

Was mich an der Temperamalerei so fasziniert, ist ihre Ehrlichkeit. Sie lässt sich nicht polieren aber durchdringen. Und bei entsprechendem Lichteinfall, zeigt sie die Tiefe im Dazwischen… die ideale Begleiterin beim Erkunden: nicht laut, nicht gefällig und so vielschichtig. Sie erlaubt Nähe, fordert Präsenz – und bleibt dabei immer ein wenig eigenwillig.

Wenn Sie mehr eigenwillige Einblicke in mein Atelier, aktuelle Werkprozesse und poetische Gedanken zu meiner Kunst erhalten möchten:

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Zwischen Himmel und Erde

Wer hat den Regenbogen gemalt und wozu?

ein Stück leuchtender Regenbogen vor tief grauem Himmel

Jemand hat einen Pinsel in buntes Licht getaucht und ihn entschlossen auf die Erde gesetzt. Komm mir jetzt nicht mit Optik und Physik! Ich sehe was, was man nicht messen kannst und fühle mich eingeladen.

Das ist das perfekte Titelbild für vieles, was mich in diesen Tagen beschäftigt.

  • Die Serie Genesis wächst und gedeiht. Ein Schöpfungsprozess, der mich phasenweise an den Rand der Erschöpfung bringt - einer guten angenehmen Erschöpfung, wo eine Bettschwere mich übermannt und und in tiefen Schlaf zwingt voller Träume aus Pusteblumen, Linien, Licht und Landschaft. Da sehe ich Wiesen, Sakralräume mit Bäumen, Menschen, Tiere und spüre den Atem dessen, der die Regenbögen malt. Was vorher nur eine Ahnung war, wird Form, Farbe, Flügelschlag. Und die nächste Leinwand steht schon bereit.

  • Kunst & Konfekt hat als neue Matinee-Reihe die Galerie bis auf die Treppenstufen gefüllt – mit Geschichten, Musik und Begegnung. Ich merke, wie sehr Menschen sich nach Räumen sehnen, in denen etwas schwingen darf, ohne Zweck. Und wie gerne ich Gastgeberin dieser Resonanzräume bin. Nächster Termin, Samstag 12.7. um 11.30Uhr.

  • Auch bei den Portraitaufträgen ist vieles in Bewegung. Die Anfragen werden in letzter Zeit immer persönlicher, symbolischer – es geht weniger um Abbild, mehr um Wesen. Um das Sichtbarmachen eines inneren Kerns. Ein Porträt als Schwelle, als Brücke. Wie der Regenbogen da draußen.

Was mich bei all den verschiedenen Aufgaben leitet, ist keine Strategie, sondern die Freude am Tun. Für Tiefe hinter dem Augenschein. Für Licht in Zwischenräumen und für die dräuenden Regenwolken in Donnergrau und bleiernem Trübtürkis, die für die nötigen Schatten sorgen.

Wer mehr Details, erste Einblicke und mehr Gedanken zur Entstehung der Serie “Genesis” möchte: Newsletter abonnieren und nichts verpassen. Newsletterabo beinhaltet auch das Vorreservierungsrecht von bisher unveröffentlichten Bildern während der Entstehung.

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Auf Schritt und Tritt

Unterwegs mit Skizzenbuch und Malkasten: Über die stete Lust am Malen, alltägliche Motive, spontane Skizzen - und ein Waldschloss.

Wenn ich aus dem Haus gehe: Farbkasten, Skizzenbuch, Wassertankpinsel gehören dazu, wie der Schlüsselbund (den vergesse ich tatsächlich öfter als die Palette), wie die Luft zum Atmen, weil ich jeden Seufzer festhalten möchte, den mir die Begegnung mit der Welt abringt. Honigfarbenes Licht, ein Schatten, ein Ast der sich in den Himmel dehnt, flirrendes Birkenlaub, Blütenmeer und Wolkendecke, ein Glitzern auf einer Pfütze: Die Lust ist da, bevor das Motiv auftaucht, ich suche nicht, ich finde oder besser: es findet mich. Auf Schritt und Tritt. Ein Dach blinzelt durchs Grün, ein Sonnenstrahl fächert durch barocke Cumulusberge. Es ist nicht jedesmal ein idyllisches Waldschloss wie Duttenstein, das sich mir von den Kerzen jahrhundertealter Kastanien gut ausgeleuchtet aus unterschiedlichen Perspektiven aufdrängt. Aber wenn so eines am Weg liegt, muss ich nicht erst Fingerübungen machen: Die Begeisterung kann direkt aufs Papier fließen, weil das kleine EinMaleneins sitzt… ich male, weil es mich malt!

Malkasten, Skizzenbuch und gute Begleitung: Wer Lust hat, sich malerisch mit seiner Umgebung einzulassen und nicht weiß, wie anfangen: ich bin da und helfe der Entdeckungsfreude gerne auf die Sprünge! Meine Malcoachings sind anders, als alle Malkurse und Tutorials, die Sie vielleicht schon kennen, weil es um Sie persönlich geht…ich begleite Sie ganz gleich, ob Sie zum ersten Mal einen Pinsel halten oder neue Impulse für Ihre eigene Handschrift suchen.

Malcoaching
  • Versteckt im Wald bei Dischingen liegt Schloss Duttenstein – ein Renaissanceschloss mit stattlichem Wildpark und einer langen Geschichte. Im 16. Jahrhundert ließ Hans Fugger es errichten, auf den Grundmauern einer mittelalterlichen Burg. Später kam es in den Besitz der Familie Thurn und Taxis, die es im Lauf der Jahrhunderte umgestaltete.

    Seit 2021 wird Schloss Duttenstein von der Wildpark Duttenstein GmbH verwaltet. Nach einer umfassenden Restaurierung öffnete es im Frühjahr 2023 erneut seine Tore – allerdings nicht als öffentliches Museum, sondern als exklusive Kulisse für besondere Anlässe. Ob Hochzeit, Tagung oder Rückzugswochenende: Das Schloss wird heute vor allem für private und geschäftliche Veranstaltungen genutzt. Öffentlich ist es nicht zugänglich, von außen nur zu erahnen – umso eindrücklicher wirkt es, wenn es sich unvermittelt zwischen alten Bäumen zeigt.
    Der umliegende Wildpark, angelegt im 19. Jahrhundert, ist von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang der Öffentlichkeit zugänglich: sanfte Hügel, alte Baumgruppen, weite Sichtachsen – ein Ort, an dem sich Zeit und Landschaft begegnen.

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Es kommt auf die Zwischentöne an

Zwischentöne in der Kunst und im Leben - Gedanken aus dem Atelier.

Zwischen Ocker und Umbra, zwischen Karmin und Siena liegt oft ein winziger Spachtelstrich, der den Unterschied macht. Nicht nur in der Malerei sind es die Zwischentöne, die für Authentizität sorgen.

An einem Frühlingstag wie heute – die Palette voller Sonnenfarben, das Licht wie frisch gewaschen, das Bild noch im Werden – überkommt es mich noch mehr als sonst, was mir in der Kunst (und darüber hinaus) wesentlich ist: kein plakatives Entweder-oder, sondern ein vibrierendes Dazwischen, ein sowohl als auch. Ohja, ich liebe knallige Farben, wenn sie der Lebensfreude zu Luftsprüngen verhelfen. Grell und schrill? Iwo! Es passen so viele Kontraste nebeneinander, wie es Sterne gibt am Mainachthimmel.

Die Farben auf meinem Holzbrett sprechen miteinander, mischen sich, durchdringen sich. Nichts bleibt rein oder roh – alles wird im Dialog verwandelt. Ein bisschen mehr Gelb hier, ein Hauch von Magenta dort… Zinnober, Ultramarin … und das Ganze ist so viel mehr als eine Mischung, eine nachvollziehbare Rezeptur sowieso nicht.

Meine Bilder verbindet genau das, so unterschiedlich sie in Stil und Medienwahl auch sein mögen: das Vertrauen in Zwischentöne. In Stimmungen, die kaum zu fassen sind. Schönheit ist lebensnotwendig und geht weit über das optisch Wahrnehmbare hinaus, davon bin ich überzeugt.

In einer Welt, die unübersichtlicher zu werden scheint, male ich mir Mut an. Dabei finde ich immer wieder neue Blickwinkel und nicht selten die tröstliche Erkenntnis: Ich muss gar nicht alles “blicken”. Nun suche ich auch für meine Kunst neue Resonanzräume – Orte und Menschen, die wie ich glauben: Wirkung entsteht nicht durch Lautstärke, sondern durch Tiefe.

Vielleicht lesen Sie gerade mit und fühlen sich angesprochen – als Gestalterin, als Gastgeber, als Herausgeberin, als jemand, der mit Materialien oder Worten arbeitet, mit Natur oder Klängen. Vielleicht führen Sie ein Café, einen Verlag, eine Stiftung oder ein Unternehmen, das mit Herz, Haltung und Ästhetik gestaltet. Dann würde ich mich freuen, wenn wir in Verbindung kommen.

Denn genau wie in der Malerei entsteht auch im echten Leben das Verbindende oft erst im Mischen. Im vorsichtigen Annähern. In der Bereitschaft, hinzuschauen und zu horchen.



mehr Zwischentöne

Es kommt auf die Zwischentöne an.


Mit farbenfrohen Grüßen aus dem Atelier,

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Kastanienblüte

Die Kastanien blühen.

kleine Leuchter ragen in den Himmel, rosa, gelb und weiß, zart und unbeirrbar – mitten in einer Welt, die nicht zur Ruhe kommt.

Und mitten in den Kastanienkerzen setzt eine Figur aus Stein die Gesetze der Gravitation außer Kraft.

Ein Engel vielleicht – oder eine verspielte Mahnerein aus der Ewigkeit. "Nimms leichter, die Schwere braucht Deine Aufmerksamkeit nicht!“, winkt sie mir zu. Ausrufezeichen mit rosagelbweißen Rüschen bekräftigen ihren Rat.

Und für den einen Moment wird mein Herz ein wenig leichter, ein Lächeln zieht mir die Mundwinkel himmelwärts.

Was für eine seltsame Kombination:

Kastanienblüte und Weltlage.

Zärtlichkeit in Zeiten von Kriegsgebrüll und Weltuntergangsphantasien.

Ein duftender Windhauch, während irgendwo Sirenen heulen.

Eine Statue, die sich über den starren Stein belustigt, aus dem sie gehauen wurde.

Ein Baum, der trotzdem blüht.

Ist das die Kunst, die jetzt gefragt ist?

Ich will nicht leugnen, was ist – und doch den Blick heben, weil ich mir ein ganzes Bild machen möchte ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Weil ohnehin ein Menschenleben nicht ausreicht.

Den Alltag durchwirken lassen von kleinen Ausrufezeichen:

einer Blüte, einem Stein, der tanzt,

einer leisen Ahnung, dass wir mehr sind als Fleisch und Blut - und immerhin das!

Die Kastanien blühen.

kleine Leuchter ragen in den Himmel, rosa, gelb und weiß, zart und unbeirrbar – mitten in einer Welt, die nicht zur Ruhe kommt.

Und mitten in den Kastanienkerzen setzt eine Figur aus Stein die Gesetze der Gravitation außer Kraft.

Ein Engel vielleicht – oder eine verspielte Mahnerein aus der Ewigkeit. "Nimms leichter! Die Schwere hat genug Kraft, sie braucht Deine Aufmerksamkeit nicht!“, winkt sie mir zu. Ausrufezeichen mit rosagelbweißen Rüschen bekräftigen ihren Rat.

Und für den einen Moment wird mein Herz ein wenig leichter, ein Lächeln zieht mir die Mundwinkel himmelwärts.

Was für eine seltsame Kombination:

Kastanienblüte und Weltlage.

Zärtlichkeit in Zeiten von Kriegsgebrüll von allen Seiten und Weltuntergangsphantasien, in denen die Friedsüchtigen lauthals verlacht werden.

Ein duftender Windhauch, während irgendwo Sirenen heulen.

Eine Statue, die sich über den starren Stein belustigt, aus dem sie gehauen wurde.

Ein Baum, der trotzdem blüht.

Ist das die Kunst, die jetzt gefragt ist?

Ich will nicht leugnen, was ist – und doch den Blick heben, weil ich mir ein ganzes Bild machen möchte ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Weil ohnehin ein Menschenleben nicht ausreicht.

Den Alltag durchwirken lassen von kleinen Ausrufezeichen:

einer Blüte, einem Stein, der tanzt,

einer leisen Ahnung, dass wir mehr sind als Fleisch und Blut - aber immerhin das!

Kastanienblüten und Sonnenschein – ein zauberhaftes Zusammenspiel. Das Verweilen unter diesen majestätischen Bäumen ist unbeschreiblich erholsam. Innehalten, die friedvolle Atmosphäre genießen, das Licht trinken und jeden Frühlingsatemzug auskosten.

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Ulrike Polifke Ulrike Polifke

Morgenandacht - Kunst als Gegenüber

Ein stiller Platz. Eine Tasse Kaffee. Und der Blick auf ein Bild, das sich täglich verändert. Eine kleine Szene – ein ganzes Lebensgefühl.


Ein stiller Platz. Eine Tasse Kaffee. Und der Blick auf ein Bild, das sich täglich verändert. Eine kleine Szene – und ein ganzes Lebensgefühl.


Morgens, noch traumversunken. Eine Tasse Kaffee in der Hand.
Kein Blick auf Nachrichten, kein Sog aus dem Netz.
Stattdessen: Licht, das über den Teppich streicht. Farben, die sich im Schweigen entfalten.

Ein Raum, der nichts fordert.
Ein Sofa – ihm gegenüber: Bilder.

Der Blick beginnt zu wandern.
Bleibt hängen, zieht weiter.
Entdeckt Details, die gestern noch verborgen waren.
Und manchmal geschieht das Unerwartete:
Ein Bild verändert ein anderes.
Je nach Licht. Je nach Stimmung. Je nachdem, wie man schaut.

Was da geschieht, lässt sich kaum benennen.
Wie ein Gespräch, das kein Ende braucht.

Manche Menschen richten sich solch einen Platz ein – bewusst oder instinktiv.
Ein Ort, an dem das Sehen sich unbeobachtet entfaltet.
Nicht zur Ruhe kommen – sondern aufleben.

Es ist mehr als Ästhetik.
Unsere Umgebung wirkt – viel subtiler als wir denken und stetig.
Farben, Formen, Proportionen.
Sie prägen nicht nur die Stimmung,
sondern auch unser inneres Bild von Welt und Selbst.

Da ist dieses Tier auf dem Bild.
Er kennt es längst. Und doch… heute sieht es ihn zuerst.

Ein leicht geneigter Kopf. Augen, die nicht bitten, nicht fordern. Nur da sind. Offen.

Er beugt sich ein wenig vor,
als könnte er näher kommen, ohne aufzustehen.
Und sagt etwas. Nicht laut. Vielleicht nicht mal hörbar.

Eine Geste, die zu vertraut ist, um fremd zu wirken.
Und zu neu, um selbstverständlich zu sein.

Die Welt, die draußen wartet,
tritt für einen Moment zurück.
Nicht ausgelöscht, nur fern genug,
um ihm zu erlauben, ganz hier zu sein.

Nicht verloren –
sondern gefunden.

„Der Weg nach außen geht durch das Innere.“
— Novalis

Meine Bilder entstehen aus diesem Zwischenraum.
Zwischen Wahrnehmung und Staunen.
Zwischen Natur und innerem Erleben.
Zwischen dem, was sich zeigt – und dem, was sich erschließt.

Wenn sie Menschen erreichen, entsteht Resonanz.
Ohne Zweck und doch mit voller Absicht.
Ein feines Echo vielleicht. Oder eine Vertrautheit, die nicht gesucht wurde – aber gefunden.

Vielleicht spürst du, während du das liest,
eine Ahnung davon.
Dass Kunst mehr sein kann als Besitz.

Ein lebendiger Teil des eigenen Raums.
Ein Blick, der bleibt –
und sich immer wieder neu auf den Weg macht.

  • Novalis (1772–1801), mit bürgerlichem Namen Georg Philipp Friedrich von Hardenberg, war ein bedeutender Vertreter der Frühromantik – Dichter, Philosoph, Naturforscher.
    Den Namen Novalis wählte er als Künstlername in Anlehnung an ein altes Familiengut – er bedeutet sinngemäß „der Neuland bestellt“. Das passte zu seinem Ideal: Innenwelt und Außenwelt durch Poesie neu zu verbinden.

  • Novalisvwollte die Welt nicht erklären, sondern erschließen – durch Gefühl, Tiefe und Imagination.
    Die Romantik suchte nicht das Objektive, sondern das Verborgene, das Seelische – sie verstand Kunst als Weg der Innerlichkeit, als Öffnung ins Ganze.

  • Das Zitat stammt aus dem Nachlass von Novalis, genauer aus seinen philosophischen Fragmenten, oft unter dem Sammelbegriff Blüthenstaub oder in späteren Ausgaben als Teil der „Fragmente und Studien“ bezeichnet (1798–1799). Die Zitate erscheinen dort nummeriert oder unbetitelt – ganz im romantischen Geist der Offenheit und Vieldeutigkeit.

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Ulrike Polifke Ulrike Polifke

Alles wird gut

alles wird gut, Julian of Norwich und die Liebe

Journal 3

Julian of Norwich und der Beginn eines neuen Bilderzyklus

Ein einziger Satz, der mich trotz seiner Floskelhaftigkeit anspringt wie ein übermütiger Hund:

„All shall be well, and all shall be well, and all manner of thing shall be well.“

„Alles wird gut, und alles wird gut, und alle Dinge werden gut sein.“

(Oder sinngemäß freier: „Alles wird gut, und alles wird gut, und alle Dinge werden sich zum Guten wenden.“)

Julian of Norwich schrieb ihn vor über 600 Jahren – inmitten von Pest, Krieg und Verzweiflung. Ihre Worte sind kein seifig frömmelndes Trostpflaster. Sie spiegeln ihre eigene Erfahrung mit tödlicher Krankheit und unaussprechlichem menschlichem Versagen: Alles ist von Liebe umgeben. Auch das Schmerzhafte. Auch das Unverstandene.

Mitten in der aktuellen Apokalypsenparanoia, dem sich drohend über uns auftürmenden Machtkampfgewölk wirkt diese Denke wie ein Frühlingsregen auf mein Gemüt. Ein Regen, der glitzert, singt, Segen und entwaffnende Begeisterung gleichzeitig bringt. Es tauchen Bilder auf in einer drängenden Gier nach Leben wie das Gras, die Hopfenschösslinge  und das Buchenlaub, denen man zur Zeit viertelstündlich beim Wachsen zuschauen kann.

Ein neuer Bilderzyklus entsteht.

Julian, die 600 Jahre alte Seelenschwester mit dem irreführenden Namen begleitet mich dabei.

Und ich ahne: Alles wird gut.

  • Julian of Norwich (ca. 1342– mindestens 1416) war eine englische Mystikerin und Anachoretin (eine Art Eremitin). In der Abgeschiedenheit ihrer Zelle empfing sie visionäre Eingebungen, die sie in ihrem Werk Revelations of Divine Love festhielt – dem ersten bekannten Buch einer Frau in englischer Sprache. Ihre Theologie ist geprägt von radikalem Vertrauen, der Vorstellung eines mütterlichen Gottes und der tiefen Gewissheit, dass alles letztlich getragen ist von Liebe.

  • Eine Anachoretin ist eine Frau, die sich aus der Welt zurückzieht, um in Stille und Gebet zu leben. Julian of Norwich lebte als solche zurückgezogen in einer kleinen Zelle neben einer Kirche – und wurde dort zur geistlichen Gesprächspartnerin für viele Menschen.

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Ulrike Polifke Ulrike Polifke

Journal 2

Journal 2

Pusteblume im Morgenlicht

Schirmchen im Morgensonnenlicht. Erst ein paar Tage her, da waren es die vor lauter Gold brüllenden Kronblätter und Staubgefäße der Löwenzahnmähne.

Jetzt ist das Feuer schon verwandelt (den fleißigen Bienchen sei Dank) und die Flugbereitschaft hält die nächste Generation Löwen gerade noch zurück, bis sie genug Kraft gesammelt hat und die Winde günstig stehen.

Das müsste ich mal malen - es funkelt und glitzert wie ein facettierter Diamant (hab ich so einen überhaupt schon einmal gesehen?), wie Feenstaub (wer denkt sich denn sowas aus?) - wunderbar und zauberhaft in den frühen Morgenstunden, wenn die aufgehende Sonne am Tau solange zieht, bis er aus allen Härchen, Hälmchen und Ästchen funkelnde Kostbarkeiten macht.

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Ulrike Polifke Ulrike Polifke

Journal 1

Frühling - da bist Du ja mit all den Wundern, die wir nicht mehr für möglich gehalten hatten.

die Amsel, singt mir ins frisch gemischte Blau.
„Auch nur eine Art ihr Revier zu markieren“ - Grenzstreitigkeiten, das haben mir in den letzten tagen so viele Leute gesagt, wenn ich mich über den Gesang gefreut habe.

Das ist neu. Wir hören Vogelgezwitscher neurdings mit anderen Ohren. Der Zeitgeist will es so.

Ich sage nichts dazu, ich male.
Weil ich sonst nicht atmen kann.
Weil mich etwas ruft – zart und hartnäckig.

Kunst als Zuflucht.
Kunst als Widerstand.
Kunst als Sprachrohr der Stille.

Es geht nicht um Dekoration.
Es geht um das Sehen.
Das wirkliche Sehen.
Und darum, etwas zu zeigen, das nicht gesagt werden kann und doch hinausgeschrien werden möchte.

Ich glaube an Schönheit, die durch die Dunkelheit leuchtet.
An Bilder, die wie Türen sind.

Vielleicht brauchen wir gerade jetzt Räume,
in denen wir ruhig werden dürfen,
ohne zu verstummen.

Vielleicht ist das die Aufgabe von Kunst.
Vielleicht ist das meine.

In diesem Blog schreibe ich weiter.
Unregelmäßig regelmäßig.
Mit Herz, mit Farbe, mit Worten.

Über Bilder, über Stille, über Wurzeln und Flügel.
Über das, was mich malt, wenn ich male.

Willkommen.

Frühling - da bist Du ja mit all den Wundern, die wir nicht mehr für möglich gehalten hatten.

die Amsel, singt mir ins frisch gemischte Blau.
„Auch nur eine Art ihr Revier zu markieren“ - Grenzstreitigkeiten, das haben mir in den letzten tagen so viele Leute gesagt, wenn ich mich über den Gesang gefreut habe.

Das ist neu. Wir hören Vogelgezwitscher neurdings mit anderen Ohren. Der Zeitgeist will es so.

Ich sage nichts dazu, ich male.
Weil ich sonst nicht atmen kann.
Weil mich etwas ruft – zart und hartnäckig.

Kunst als Zuflucht.
Kunst als Widerstand.
Kunst als Sprachrohr der Stille.
Es geht um das Sehen. Das wirkliche Sehen.
Und darum, etwas zu zeigen, das nicht gehört wird und doch hinausgeschrien werden möchte.

Ich glaube an Schönheit, die durch die Dunkelheit leuchtet.
An Bilder, die wie Türen sind.

Vielleicht brauchen wir gerade jetzt Räume,
in denen wir ruhig werden dürfen,
ohne zu verstummen.

Vielleicht ist das die Aufgabe von Kunst.
Vielleicht ist das meine.

In diesem Blog schreibe ich weiter.
Unregelmäßig regelmäßig.

Über Bilder, über Stille, über Wurzeln und Flügel.
Über das, was mich malt, wenn ich male.

Willkommen.

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