Es kommt auf die Zwischentöne an
Zwischen Ocker und Umbra, zwischen Karmin und Siena liegt oft ein winziger Spachtelstrich, der den Unterschied macht. Nicht nur in der Malerei sind es die Zwischentöne, die für Authentizität sorgen.
An einem Frühlingstag wie heute – die Palette voller Sonnenfarben, das Licht wie frisch gewaschen, das Bild noch im Werden – überkommt es mich noch mehr als sonst, was mir in der Kunst (und darüber hinaus) wesentlich ist: kein plakatives Entweder-oder, sondern ein vibrierendes Dazwischen, ein sowohl als auch. Ohja, ich liebe knallige Farben, wenn sie der Lebensfreude zu Luftsprüngen verhelfen. Grell und schrill? Iwo! Es passen so viele Kontraste nebeneinander, wie es Sterne gibt am Mainachthimmel.
Die Farben auf meinem Holzbrett sprechen miteinander, mischen sich, durchdringen sich. Nichts bleibt rein oder roh – alles wird im Dialog verwandelt. Ein bisschen mehr Gelb hier, ein Hauch von Magenta dort… Zinnober, Ultramarin … und das Ganze ist so viel mehr als eine Mischung, eine nachvollziehbare Rezeptur sowieso nicht.
Meine Bilder verbindet genau das, so unterschiedlich sie in Stil und Medienwahl auch sein mögen: das Vertrauen in Zwischentöne. In Stimmungen, die kaum zu fassen sind. Schönheit ist lebensnotwendig und geht weit über das optisch Wahrnehmbare hinaus, davon bin ich überzeugt.
In einer Welt, die unübersichtlicher zu werden scheint, male ich mir Mut an. Dabei finde ich immer wieder neue Blickwinkel und nicht selten die tröstliche Erkenntnis: Ich muss gar nicht alles “blicken”. Nun suche ich auch für meine Kunst neue Resonanzräume – Orte und Menschen, die wie ich glauben: Wirkung entsteht nicht durch Lautstärke, sondern durch Tiefe.
Vielleicht lesen Sie gerade mit und fühlen sich angesprochen – als Gestalterin, als Gastgeber, als Herausgeberin, als jemand, der mit Materialien oder Worten arbeitet, mit Natur oder Klängen. Vielleicht führen Sie ein Café, einen Verlag, eine Stiftung oder ein Unternehmen, das mit Herz, Haltung und Ästhetik gestaltet. Dann würde ich mich freuen, wenn wir in Verbindung kommen.
Denn genau wie in der Malerei entsteht auch im echten Leben das Verbindende oft erst im Mischen. Im vorsichtigen Annähern. In der Bereitschaft, hinzuschauen und zu horchen.
Es kommt auf die Zwischentöne an.
Mit farbenfrohen Grüßen aus dem Atelier,